Was wir Psychotherapeuten lange nicht für möglich gehalten und vielleicht belächelt haben, wird gerade Realität: Immer mehr psychotherapeutische Angebote kommen auch ohne die Gegenwart eines Therapeuten aus Fleisch und Blut aus. Webbasierte Unterstützungsangebote werden längst nicht mehr nur von kommerziell motivierten und womöglich halbseidenen Anbietern kreiert. Zunehmend entwickeln sie Universitäten und Forschungseinrichtungen und bieten oft kostenfreien Zugang. Dabei ist nicht daran gedacht, Psychotherapeuten ganz zu ersetzen. Es geht vielmehr darum, das bisherige psychotherapeutische Spektrum um ein im Netz verfügbares, wissenschaftlich fundiertes Angebot zu ergänzen. So können psychotherapeutische Hilfen auch diejenigen erreichen, für die eine Psychotherapie in der Praxis eines Psychotherapeuten nicht in Frage kommt, zum Beispiel, weil sie in Regionen leben, in denen es gar keine entsprechenden Angebote gibt. Oder das webbasierte Angebot hilft, die eigentliche Psychotherapie zeitlich zu entlasten, weil der Patient sich darüber in Eigenregie ein Stück seelische Gesundheit erarbeitet. Die qualifizierte Psychoonkologie gehört sicher zu den psychotherapeutischen Leistungen, die - vor allem im ambulanten Bereich - nicht überall verfügbar sind. Umso spannender finde ich Angebote wie das kostenfreie Online-Programm für Krebspatienten, das die Universität Tübingen derzeit zur Verfügung stellt: „Make it“ nennt sich ein Fähigkeitstraining zur Krankheitsbewältigung, das sich am Achtsamkeitskonzept orientiert: „Das Make It Training soll Betroffenen in dieser schwierigen Lebensphase eine Unterstützung im Umgang mit krankheitsbezogenen Belastungen bieten. Make It Training steht für ‚Mindfulness and Skills based distress reduction training in oncology’. (...) Es wurde von erfahrenen Psychologen, Psychotherapeuten, Psychoonkologen und Ärzten für Psychosomatische Medizin sowie Frauenheilkunde entwickelt.Das Ziel des Make It Trainings ist es, eine Unterstützung und Hilfe während der Erkrankung zu sein, damit die betroffene Person mit den krankheitsbezogenen Belastungen und Gefühlen umgehen kann. Die Betroffenen können sich im Verlauf des Make It Trainings hilfreiche Bewältigungsstrategien individuell erarbeiten und Hintergründe zu psychoonkologischen/psychologischen Themen wie Gefühle, Kraftquellen, Stressmanagement und Selbstzuwendung erlernen.“ Das Training dauert vier Monate während derer sukzessive neue Trainingseinheiten frei geschalten werden. Wer will, kann an einer begleitenden Studie teilnehmen, in der die Wirksamkeit des webbasierten Unterstützungsangebotes überprüft wird. https://makeit.medizin.uni-tuebingen.de/projekt/